Seit Wochen dreht sich dieses Thema in meinem Kopf. Was mich zurückhält, ist, dass ich zu dem Thema tatsächlich schon einmal einen Blogbeitrag geschrieben habe. Doch dann schrieb Heiko, dass wir beim nächsten Treffen das Thema Rechnungsstellung besprechen müssen und nun kann ich mich doch nicht zurückhalten, denn es gibt noch so viel mehr zu sagen und der Sog, alles in Teamsitzungen zu verschieben, ist immer wieder so verlockend.
Bleiben wir bei dem Thema Rechnungsstellung und denken das Szenario mal zu Ende durch. Es gibt nur drei Personen in unserem Team, deren Rollen tatsächlich davon betroffen sind. Drei weitere Menschen würden also einfach rumsitzen. Nun sind wir anderen drei sehr unterschiedlich. Florian kann das mit dem nichts sagen, wenn es ihn nichts angeht, gut. Er würde sich wahrscheinlich einfach innerlich mit anderen Dingen befassen. Christoph und ich wiederum haben ein Hirn, das sofort in den Lösungsprozess geht. In uns würde automatisch das perfekte Rechnungssystem entstehen. Christoph könnte seine Gedanken wahrscheinlich zurückhalten, ich verfüge über diese Kernkompetenz leider nicht. Aus mir würden einfach nur Worte und Ideen sprudeln, um die mich keiner gebeten hat. Bilanz: die Arbeitszeit von drei Menschen ist unnötig gebunden, die Gedankenkraft von zwei Menschen von den eigenen Aufgaben abgezogen und die Menschen, die eigentlich schnell entscheiden müssten, kommen in meinem Ideenschwall nicht zum Sprechen - was bei mir im Anschluss eine Schamattacke auslöst und die anderen müssen mich dann trösten. Keine:r ist wirklich glücklich. Hinzu kommt, dass zwischen heute (das Problem ist bewusst) und der Teamsitzung (das Problem wird gelöst) Zeit vergeht, Zeit, in der Rechnungen weiterhin falsch gestellt werden.
Wir kommen alle aus anderen Organisationen und dort sind Teamsitzungen immer das Allheilmittel. Wir müssen umlernen, nicht nur im Großen, sondern eben auch in all den ganz kleinen Dingen, über die wir sonst nicht nachdenken.
Es dauert seine Zeit, bis wir bei Anliegen, die wir nicht alleine bewältigen, nicht einfach nur "Team" denken, sondern uns die Minute Zeit nehmen, zu überlegen, wen ich eigentlich wirklich brauche und ein kleines kurzes Treffen ausschließlich mit diesen Menschen und sehr zeitnah einrichte. Was mir hilft, mit dem Respekt vor der Arbeitszeit der anderen verbunden zu bleiben. Haben die Anwesenden einen Mehrwert aus diesem Gespräch? Ist mein Mehrwert aus ihrer Anwesenheit so groß, dass ich sie um ein Zeitgeschenk bitten möchte?
Und doch, immer wieder ertönt der Ruf nach einem wöchentlichen Teamtreffen. Nicht, weil wir danach echte Sehnsucht haben, sondern weil wir merken, dass wir etwas brauchen, um informiert und verbunden zu bleiben. Doch wir verbieten es uns, den scheinbar einfachen Weg der wöchentlichen Sitzung, die aber dann doch unglaublich viele innere und äußere Ressourcen bündelt und unnötigerweise Freiheit kostet, zu wählen.
Was uns eigentlich fehlt, ist gar nicht die regelmäßige Teamsitzung, sondern es sind die Gespräche am Kaffeeautomaten, die wir hätten, wenn wir am selben Ort arbeiten würden.
Diese Gespräche sind der eigentliche Kit von Organisationen, denn wie die Bienchen transportieren wir hier Informationen und erleben uns in zwischenmenschlichen Beziehungen. Dieses Netzwerk an kleinen, fast zufälligen Begegnungen müssen wir nun in die digitale Welt übertragen. Aus meiner Sicht bedeutet das, sehr kleinteilig online einzustellen, woran wir gerade arbeiten, vor allem aber immer einmal wieder der spontane Griff zum Hörer, wenn wir die Beziehung nicht mehr spüren können.
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